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Das Schöne allein ist noch nicht gut genug
Schön ist, was seinen Zweck perfekt erfüllt, sagt der Designexperte Peter Zec. Der von ihm initiierte Red Dot Design Award prämiert seit 30 Jahren gutes Design - und seit 2009 auch Produkte von uns. Hier sind die Red Dot-Bewertungskriterien für gutes Design ausführlich erläutert.
Prof. Dr. Peter Zec
1956 in Osnabrück, ist Unternehmer, Kommunikations- und Designberater, Autor und Herausgeber. Er ist geschäftsführender Vorstand des Design Zentrums Nordrhein Westfalen und geschäftsführender Gesellschafter der Red Dot GmbH. 1992 führte er die Idee des Labelmarketings mit dem »Roten Punkt« als Auszeichnung für formschöne Produkte ein – seit 2001 unter der Bezeichnung »Red Dot Design Award« eines der begehrtesten globalen Qualitätssiegel für gute Gestaltung.
Wie definiert ein Designexperte das Schöne?
Prof. Dr. Peter Zec, CEO Red Dot: "Wenn es um das Schöne geht, muss man zwischen zwei verschiedenen Perspektiven unterscheiden: Da sind einerseits die objektiven Kriterien der Schönheit, und da ist andererseits die individuelle Sichtweise des Betrachters oder der Betrachterin. So gut wie jeder Mensch ist beispielsweise darauf bedacht, sein Zuhause nach seinen Vorstellungen und Möglichkeiten so schön wie möglich einzurichten.
Trotzdem passiert es natürlich, dass dann andere Menschen in dieser Wohnung stehen und sie aus ihrer subjektiven Sichtweise wiederum nicht so schön finden. Daher ist Schönheit ein sehr relativer Begriff, der nicht nur vom persönlichen Empfinden, sondern etwa auch vom jeweiligen Umfeld abhängt. Genauso muss man auch zwischen zweckgebundener und zweckfreier Schönheit unterscheiden: Im Design ist die Schönheit immer an einen Zweck gebunden.
Ist diese Zweckgebundenheit nicht vorhanden, dann befinden wir uns bereits im Bereich der Kunst. Die Kunst kann machen, was sie will, während das Design auf eine Problemlösung ausgerichtet ist. Für mich persönlich geht Schönheit einher mit einer gewissen Stimmigkeit und Ausgewogenheit, sie muss jedoch keineswegs Perfektion bedeuten.
Eines meiner Lieblingsbeispiele dafür ist etwa ein Star wie Barbra Streisand: Wenn man sich Jugendfotos von ihr aus den sechziger Jahren ansieht, dann sieht man ein Gesicht, das vielleicht nicht unbedingt im klassischen Sinne perfekt schön ist – was ja vielleicht sogar langweilig sein könnte –, das aber eine ganz besondere Faszination ausstrahlt, speziell, wenn man auch noch die Stimme und die Künstlerin dazu kennt. Man kann Schönheit also nie als etwas Absolutes sehen, da der Kontext, in dem das Schöne steht, in großem Ausmaß darüber entscheidet, ob und wie sehr wir etwas schön finden."
Die 4 Qualitäten guten Designs
Prof. Dr. Peter Zec, CEO Red Dot: "Im Leben zeigt sich öfter, dass das Schöne zwar verlockend sein kann, aber oft für sich alleine noch nicht ausreichend ist oder allein der Schönheit wegen besser funktioniert. Deswegen ist in der Designgeschichte ja auch kaum von der »schönen Form« die Rede, sondern vor allem von der »guten Form«. Wenn es um Design geht, dann sollte man also eher vom Guten reden: von der guten Form, aus der dann auch durchaus Schönheit resultieren kann." Deshalb gibt es bei Red Dot 4 Kriterien mit denen gutes Design bewertet wird:
#1 Qualität der Funktion
#1 Qualität der Funktion
Wie wird aus einem Zweck ein funktionierender Gegenstand? Zu Beginn steht die Frage: Wie kann ein bestimmter Zweck zum Produkt werden? Welche Form ergibt sich aus dem Zweck, welche Technik und welches Material eignet sich hierfür besonders?
An erster Stelle steht hier die Qualität der Funktion – denn wenn ein Gebrauchsgegenstand nicht entsprechend funktioniert, muss über alle weiteren Kriterien erst gar nicht weiter gesprochen werden.
#2 Qualität der Verführung
#2 Qualität der Verführung
Was macht ein Produkt tatsächlich attraktiv? Durch welche Eigenschaften sorgt ein Produkt dafür, dass man es besitzen und verwenden möchte? Und weshalb ist man bereit, dafür Geld auszugeben? Gerade dieser Punkt kann neben der rational empfundenen Zweckmäßigkeit und Funktionalität natürlich auch viel mit emotional empfundener Schönheit zu tun haben.
Denn zu den funktionalen Designaspekten, die für das erste Bewertungskriterium schlüssig beantwortet werden müssen, tritt nun auch die Frage der ästhetischen Qualität hinzu, die nicht in erster Linie am Nutzen und Gebrauch einer Sache orientiert ist, sondern auf dem Streben nach Schönheit beruht.
#3 Qualität des Verwendung
#3 Qualität des Verwendung
Der dritte Punkt ist die Qualität der Verwendung, die jedoch keineswegs mit der Qualität der Funktion gleichzusetzen ist. Denn die Funktion liegt im Produkt selbst, der Gebrauch liegt aufseiten des Benutzers oder der Benutzerin.
Das bedeutet: Ein Produkt kann grundsätzlich hervorragend funktionieren, trotzdem kann es schwierig zu gebrauchen sein.
Ein sehr gutes Beispiel dafür war etwa die allererste Generation der Smartphones in den Nullerjahren, die noch sehr umständlich über eine konventionelle Tastatur bedient wurden. Deshalb hat das iPhone als erstes konsequentes Touchscreen-Smartphone den Markt dann später völlig auf den Kopf gestellt. Apple hat hier vor allem auf der Gebrauchsebene eine Revolution eingeleitet.
#4 Qualität der Verantwortung
#4 Qualität der Verantwortung
Das vierte entscheidende Kriterium ist die Qualität der Verantwortung, die über rein ökologische oder nachhaltige Themen weit hinausreicht.
Denn hier wird Design z. B. auch unter soziokulturellen Gesichtspunkten untersucht, mit den beiden zentralen Fragen: Braucht die Welt überhaupt ein solches Produkt? Und kann dieses Produkt und sein Design die Lebensqualität auf eine verantwortungsvolle Art steigern?
Prof. Dr. Peter Zec: "Je nach Produkt können bei der Bewertung diese vier Qualitäten selbstverständlich sehr unterschiedlich gewichtet sein: Für einen Dekorationsgegenstand wie z. B. eine Blumenvase mit ihrer grundsätzlich sehr einfachen Funktion gilt natürlich ein ganz anderes Verhältnis dieser Bewertungskriterien als beispielsweise für ein komplexes technisches Gerät. Im ersten Fall wird eher der Aspekt der ästhetischen Verführungsqualität und damit die Schönheit im Vordergrund stehen, während im zweiten Fall die Frage nach der rein dekorativen Schönheit gegenüber der Bewertung von Funktion, Gebrauch und Verantwortung zwangsläufig in den Hintergrund treten wird."
"In der reduzierten Designphilosophie von Josko steckt viel Zukunftspotenzial, wenn man an die großen Fragen des Bauens und der Architektur denkt."